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Heidegger, Mitsein, Demokratie

Fehér M. István

 

Es scheint in der Literatur ziemliche Einigkeit darüber zu herrschen, daß zum Zwecke einer philosophischen Demokratieauffassung das Denken Heideggers kaum herangezogen werden kann. Wenn es darum geht, ein Plädoyer für die Demokratie zu entwickeln, oder die Demokratie zu verteidigen, pflegt an Heidegger einfach vorbeigegangen zu werden; wenn aber doch Bezug auf ihn genommen wird, dann vorwiegend negativ: es gilt, so möchte es scheinen, die Demokratie ohne Heidegger oder gegen ihn zu verteidigen.

Angesichts dieser Sachlage erweist sich als fast einzigartig der neuerdings unternommene Versuch Klaus Helds, Heideggers Analyse der Grundstimmungen bei kritischer Weiterentwicklung derselben einer phänomenologisch begründeten Demokratieauffasung zugrundezulegen. Daß sich mit Heideggerschem Instrumentarium eine Demokratieauffassung entwickeln läßt, kann kaum hoch genug eingeschätzt werden – zumal da diese so beeindruckend entfaltet wird, wie es bei Herrn Held geschieht –, ungeachtet dessen, daß es dabei von der „Einseitigkeit” der Heideggerschen Analysen die Rede ist; denn, so heißt es, auch noch diese Einseitigkeit selbst läßt sich „mit Heideggers eigenem analytischen Instrumentarium aufdecken”.1 Das Hinausgehen über Heidegger wird so grundsätzlich auf der von Heidegger selbst gelegten Grundlage vollzogen, von ihm selbt her ermöglicht.2

Im folgenden möchte ich jedoch den Versuch unternehmen, nach einer kurzen Zusammenfassung von Helds wichtigsten Thesen die von ihm kritisch erwähnte „Einseitigkeit” Heideggers etwas zu verteidigen. Ich möchte zu zeigen versuchen, daß sich die genannte „Einseitigkeit” ebenso mit Heideggerschem Instrumentarium verteidigen läßt, wie das Hinausgehen über ihn bei Held für sich in Anspruch nimmt, auf Heideggerschem Grund vollzogen worden zu sein; und daß – im Zusammewnhang damit – Heideggers Auffassung (zumal die eines eigentlichen Mitseins) gar nicht zu Helds phänomenologischer Demokratieaufassung entgegengesetzt zu werden braucht.

Die wichtigste eingangs aufgestellte These Helds behauptet, es sei ein Zusammenhang vorhanden zwischen der „politischen Grundhaltung Heideggers” im Sinne eines „tiefen Mißtrauen[s] gegen die Demokratie” und „seiner Phänomenologie der Grundstimmungen”, indem in letzterer sich eine „Einseitigkeit” aufweisen lasse.3 Im Zuge der Analysen wird diese „Einseitigkeit” darin erblickt, daß Heidegger „den Aufbruchscharakter des Staunens nur in [...] seiner Verfallsgestalt [nämlich als Neugier] im Blick gehabt” und „den Grundzug des eigentlichen Staunens, die Gestimmtheit ins Anfangenkönnen, kaum gesehen” habe.4 Die „Gestimmtheit ins Anfangenkönnen”, „die Bereitschaft und Kraft zum geschichtlichen Anfangenkönnen”,5 war Heidegger doch keineswegs unbekannt6; aus Heideggers Sicht scheint allerdings nicht das Staunen, wohl aber das je eigene und vorher vollzogene Eigentlichwerden Voraussetzung hierfür zu sein – und mithin auch für das, was von Held treffend als „Wiedergeburt”, „Neugeborenwerden” charakterisiert wird.7 Das je eigene Eigentlichwerden bleibt nach wie vor eine Möglichkeit; so kann man Helds These, Heidegger könne „nur dann ernsthaft behaupten”, daß die „als destruktiv angesehenen Grundstimmungen [Angst, Langeweile, Schrekken] dem Dasein die Kraft zu geschichtsbildenden Werken verleihen könnten”, „wenn man das Weiterbestehen der Grundstimmung des Anfangenkönnens voraussetzt”,8 dahingehend revidieren bzw. ergänzen, daß die „Grundstimmung des Anfangenkönnes” ihrerseits das jeweilige Sich-eigen-machen bzw. Eigentlich-werden, besser: Eigentlichgewordensein, des je eigenen Daseins zur Voraussetzung hat.

Bei der beeindruckenden phänomenologischen Analyse des anfänglichen Staunens bleibt nun aber charakteristischerweise das Moment des Sichfindens (und folglich der Eigentlichkeit bzw. Uneigentlichkeit) im Hintergrund: Es wird vorwiegend davon gesprochen, daß und wie die Welt dem Staunenden erscheint, wobei das Finden des Selbst, soweit es doch zur Erörterung kommt, selber mit der Neuerscheinung der Welt identifiziert wird. Der Staunende erfährt, so heißt es, „sein Selbst wie ein neugeborenes Kind, dem gerade erst das Licht der Welt aufgegangen ist”, dank des „unverhoffte[n] Neuauftauchen[s] der Welt”.9 Der Staunende geht insofern völlig im unverhofften Neuauftauchen der Welt auf, so kann strenggenommen aus Heideggers Sicht von keinem Selbst die Rede sein.

Ebensowenig wie das Sichfinden wird in Helds Analyse der Grundstimmungen das Auftauchen der Anderen im anfänglichen Staunen herangezogen. „Ehrfurcht” kommt nur als „Ehrfurcht vor dem Wunder, »daß überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts«” ins Spiel10 und es ist daher nicht verwunderlich, daß Held auf das rein Heideggersche Argument der Eigentlichkeit im Sinne der Vereinzelung in Angst und Tod rekurrieren muß, wenn er doch in einem zweiten Schritt auch die Anderen ins Spiel bringen will. „Aber in dieser radikalen Vereinzelung erschließt mir der Augenblick gerade die gemeinschaftliche Welt”,11 heißt es. Dies bestätigt wohl, daß im anfänglichen Staunen die Anderen als Anderen noch nicht erfahren, noch nicht mit da sind. Nun wird man wohl für etwas Merkwürdiges halten dürfen, daß gerade eine Analyse, die Heideggers Mißtrauen gegen die Demokratie in der Einseitigkeit seiner Phänomenologie der Grundstimmungen aufdecken will, die genannte Einseitigkeit vermittels einer phänomenologischen Fundamentalbetrachtung des anfänglichen Staunens bei vorheriger Ausschaltung des Eigentlichkeitsproblems am Ende so aufhebt, daß sie dann eines plötzlichen und unvermittelten Rekurs auf Heideggers (wohl „einseitiges”) Konzept der Angst und des Todes bedarf, um die mitseienden Anderen und somit die gemenschaftliche Welt überhaupt erst ins Spiel bringen, vom anfänglichen Staunen zur gemeinschaftlichen Welt eine Brücke schlagen zu können.12

Es würde zu weit führen, alle Punkte von Helds Um- bzw. Weiterbildung der Heideggerschen Phänomenologie der Grundstimmungen im einzelnen erörtern zu wollen.13 Ich muß mich im folgenden auf das Wesentliche beschränken und komme zum Hauptpunkt. – Die Rede von Heideggers Mißtrauen gegen die Demokratie läuft letztendlich auf die als unglücklich empfundene Alternative „zwischen den vereinzelten eigentlich existierenden Wenigen und den uneigentlich existierenden Vielen” hinaus.14 Diese Alternative wäre aufgehoben durch die „Scheu” der „Vielen”, „die in der Demokratie [...] die Öffentlichkeit bilden”, und die „zugleich alle als anfangenkönnende Einzelne anerkannt” sind. Zunächst ist zu fragen, ob die so aufgefaßte Demokratie es ist, der Heideggers Kritik galt. Jedenfalls sollte von vornherein klar sein, daß da mehrere Begriffe der Demokratie ins Spiel kommen. Auf rein faktischer Ebene wird wohl ein Unterschied zu treffen sein zwischen der Demokratie, wie sie in den zwanziger und dreißiger Jahren in Europa und Deutschland wirklich war und wie sie unter die Kritik Heideggers und vieler anderer Denker kam;15 und der Demokratie, wie sie nach dem Weltkrieg und den Erfahrungen der Totalitarismen in Europa neu aufzubauen versucht wurde. „Die liberale Demokratie der Menschenrechte”,16 deren Konzept Held gegenüber Heidegger ins Feld führt und seiner Heidegger-Kritik zugrundelegt, scheint mir dabei vorwiegend eine Nachkriegserscheinung zu sein: dies ist es, woran sich Held in seiner Interpretation orientiert. Dies impliziert aber bereits eine andere und noch grundlegendere Differenzierung: man wird nämlich gut daran tun, die jeweilig wirklichen und verschiedenen geschichtlichen „Demokratien” gegen die philosophischen Demokratie-Interpretationen abzugrenzen. Nun ist offensichtlich, daß Demokratie als Staatsform der Scheu von Vielen in gegenseitiger Anerkennung des Anfangenkönnens voneinander usf. eine philosophische Interpretation ist, die zwar außerordentlich hoch gegriffen ist und vor der ich voller Bewunderung stehe, daß sie jedoch kaum der Demokratie gleichkommt, wie Heidegger sie (auch aus verschiedenen geschichtlichen Erfahrungen her) vorverstanden und aufgrund dieses Vorverständnisses abgelehnt hat – und auch kaum jener, wie sie uns heutigen in unserer „faktischen Lebenserfahrung” begegnet und angeht. Heidegger hat die Demokratie wegen Phänomenen wie „Entwurzelung”, „Nivellierung”, „Heimatlosigkeit” usf. kritisiert – Phänomene, an denen Held in diesem Aufsatz zwar merkwürdigerweise vorbeigeht, anderswo aber (wenngleich im Zusammenhang mit Husserl) sehr wohl berücksichtigt.17

Bei der Rede von den „eigentlich existierenden Wenigen” bzw. bei dem anschließenden Hinweis darauf, daß „es in Heideggers Beiträgen wiederum die einsamen Wenigen sind, die dem anderen Anfang entgegengehen”,18 müßte man zunächst folgendes bedenken: Falls Heidegger das eigentliche Existieren bzw. das dem anderen Anfang Entgegengehen zur Zeit der Beiträge für Viele reklamiert, als eine Möglichkeit (oder gar Wirklichkeit) Vieler ausgegeben hätte, wäre er wohl ein Apologet des Regimes, d.h. ein Nazi gewesen. „Die Heutigen”, heißt es z.B. in den Beiträgen, „[...] bleiben vom Wissen des denkerichen Weges ausgeschlossen”, weil sie ins „Politische” und „Rassische” flüchten.19 Es gab zwar eine kurze Zeit, da Heidegger die Philosophie oder – wenn man will – das eigentliche Existieren für Viele beansprucht hat: 1933, bzw. die Rektoratsrede. In dieser wird die Philosophie sehr wohl in Verbindung mit dem Leben Vieler (d.h. des ganzen Volkes) – mit Held gesagt: der gebürtlich Anfangenkönnenden in wechselseitiger Anerkennung20 – gesetzt, das eigentliche Existieren (dieser Terminus taucht allerdings in der Rektoratsrede nicht auf, wohl aber ist von der Sache her da) für Viele in Anspruch genommen; mit der Pervertierung des Aufbruchs ist wohl ein Zeichen geistigen Widerstands, daß Heidegger die Philosophie wieder in die Einsamkeit Weniger zurückbrachte. Wenn Heidegger behauptete, sein Denken habe nach 1934 „vielleicht da und dort noch Menschen getroffen und geweckt, aber es gestaltete sich nicht in ein werdendes Gefüge eines bestimmten Verhaltens, dem selbst wieder Ursprüngliches hätte entspringen können”, dann daraus spricht wohl Enttäuschung und Widerstand in einem – und der mitklingende Unterton, Philosophie hätte wohl Sache Vieler sein können oder sollen, ist unüberhörbar.21

Hiermit im Zusammenhang kann eine Antwort auf eine andere Bemerkung Helds zu geben versucht werden. „Heidegger gebraucht den Begriff »öffentlich« ausschließlich pejorativ”, wendet er ein, „und verkennt den Weltcharakter der Polis-Öffentlichkeit, den seine Schülerin Hannah Arendt dann entdeckt hat”.22 Wollte man eine pointierte Antwort geben, so könnte man sagen: es mag sein, daß Heidegger den Weltcharakter der Polis-Öffentlichkeit verkennt, es mag aber auch sein, daß er den Charakter der spätbürgerlichen Öffentlichkeit, wie er ihn vor Augen hatte, doch nicht ganz verkannt hat. Hiervon abgesehen, könnte es aber auch sein, daß Heidegger eine „pejorative” Meinung über die Öffentlichkeit hatte, gerade weil er davon im Grunde genommen einen hochgegriffenen Begriff gehabt hat. Dafür spricht ja nicht zuletzt die Tatsache, daß der vorwiegende Teil der öffentlichen Reden, die Heidegger selber in jener kurzen Periode seines Lebens, da er vor der Öffentlichkeit auftrat – d.h. während seines Rektoratsjahr –, gehalten hatte, so auch und gerade die Rektoratsrede – wiewohl die schon damals vor sich gehende und dann endgültig erfolgende Entartung und Pervertierung dessen, in dem Viele eine „nationale Erhebung” erblicken zu können meinten und hofften, dieses öffentliche Auftreten und diese Reden selbst in ihren Absichten ganz verkehrt haben und sie im Rückblick in ein schiefes Licht bringen mögen –, volle Verantwortung, volles Pathos und Ernst und damit ein hehres Bild von der Öffentlichkeit bezeugen.23

 Es dürfte angemessen sein, den Interpretationsrahmen an diesem Punkt etwas zu erweitern. Die Rede von den „vereinzelten eigentlich existierenden Wenigen und den uneigentlich existierenden Vielen” beschwört nämlich einen alten Einwand herauf, der als zentrales und nunmehr gut etabliertes Argument des gegen Heidegger gewöhnlich vorgebrachten Antidemokratismusverdachts ausgespielt zu werden pflegt und etwa so lautet: Das Mitsein bzw. das Miteinandersein (die Welt der Vielen) erscheint bei Heidegger als Welt der Uneigentlichkeit, des Geredes und des Man, weswegen nun das Dasein seine Eigentlichkeit erst und ausschließlich in der Vereinzelung der Angst und des Todes finden kann. Zwar gab es seit längerem Stimmen, die Einspruch gegen diese Interpretation erhoben haben, sich darauf beziehend, daß sie manche Textstellen von Sein und Zeit völlig außer acht läßt, und daß so die Heideggersche Eigentlichkeit nicht notwendig gegen das Mitsein ausgespielt oder scharf dagegen abgegrenzt zu werden braucht; und es wird heutzutage erfreulicherweise von immer mehreren Seiten zugestanden, daß in Sein und Zeit zumindest die Grundzüge eines eigentlichen Mitseins aufzufinden sind, und daß der gängige Vorwurf, Mitsein komme in Heideggers Hauptwerk uneigentlichem Mitsein gleich und Eigentlichkeit bleibe folglich in der Vereinzelung bzw. Einsamkeit verschlossen, sich daher als nicht ganz stichhaltig erweist.24 All dies nun angenommen, bemerkt man aber dann mit etwas Bedauern, daß ja die fraglichen Ansätze nicht näher entwickelt werden25 – und es unterliegt auch keinem Zweifel, daß diese Ansätze gegenüber den viel umfangreicheren Analysen der Alltäglichkeit und des Verfallens im Hintergrund stehen. Dafür gibt es aber m.E. – und damit komme ich zum Hauptpunkt – eine gute phänomenologische Erklärung (Verbindlichkeitsgrundlage) eben im Rückgriff auf Heideggers eigenen Begriff der Phänomenologie („Das was sich zeigt, so wie es sich von ihm selbst her zeigt, von ihm selbt her sehen lassen”), und besonders auf den in diesem mitklingenden und dann auch explizit gemachten „prohibitiven Sinn: Fernhaltung alles nichtausweisenden Bestimmens”.26 Hält man nun diesen „prohibitiven Sinn” der Phänomenologie fest, ist es unschwer einzusehen, weshalb die besagten Ansätze in Richtung eines eigentlichen Mitseins ohne Entfaltung bleiben sollten: es gab ja für sie in der „faktischen Lebenserfahrung” einfach keinen Widerklang. Eine nähere phänomenologische Beschreibung des eigentlichen Mitseins über die diesbezüglichen sparlichen (aber doch gewaltsamen und wegweisend-ausschlaggebenden) Ansätze hinaus wäre eine phänomenologieferne Konstruktion gewesen. Wo die phänomenologische Erfahrung eine Lücke ausweist, darf diese nicht mit freischwebenden Spekulationen ausgefüllt werden: dies kann als die in der phänomenologischen Maxime mitliegende ethische Haltung bezeichnet werden. Wäre etwa der Aufbruch 1933 nicht bald pervertiert worden, dann hätte es vielleicht etwas lebendig Erfahrenes gegeben, worauf eine solche Analyse hätte aufgebaut werden können – das war aber nun nicht der Fall.

Ein anderer Grund für das Fehlen einer ausführlicheren Behandlung der Modi eines eigentlichen Miteinanderseins mag wohl auch daran liegen, daß die fundamentalontologische existenziale Analytik hauptsächlich die sich zunächst und zumeist gebenden Modi der Existenz zum Thema hatte. Zunächst und zumeist gibt sich nun das Dasein in den durchschnittlichen bzw. uneigentlichen Seinsweisen seiner Existenz; es erreicht Eigentlichkeit erst in der Vereinzelung des Vorlaufens zum Tode sowie im Gewissen-haben-wollen bzw. der Entschlossenheit als daseinsmäßiger Bezeugung eines eigentlichen Seinkönnens. „Aus dem eigentlichen Selbstsein der Entschlossenheit entspringt allererst das eigentliche Miteinander”, heißt es dann ausdrücklich in Sein und Zeit27: Für dessen nähere Auseinanderlegung gab es nun aber im zweiten Abschnitt von Sein und Zeit, dem ja die Aufgabe zugewiesen wurde, die im ersten Abschnitt vollzogene „vorbereitende Fundamentalanalyse des Daseins” auf die „Zeitlichkeit” hin zu interpretieren, nicht mehr entsprechende systematische Möglichkeit. Diese Analysen dürften vielmehr wohl in das hineingehört haben, was 1928 als „Metontologie” bzw. (in deren Rahmen) „Metaphysik der Existenz” bezeichnet wurde, d.h. in das, was erst nach der fundamentalontologischen Beantwortung der Seinsfrage zur Erörterung kommen sollte.28

In der Vorlesung aus dem Jahre 1928 wird nochmals eigens betont, Dasein bedeute nicht „den landläufigen Begriff des isolierten, egoistischen Subjekt”, ein „solipsistisch-egoistisches Sich-auf-sich-zurückziehen”: „Nur weil das Dasein aufgrund seiner Selbstheit sich selbst eigens wählen kann, kann es sich einsetzen für den Anderen, und nur weil das Dasein im Sein zu sich selbst überhaupt so etwas wie »selbst« verstehen kann, kann es wiederum schlechthin auf ein Du-selbst hören. Nur weil das Dasein [...] in Selbstheit existiert, nur deshalb ist so etwas wie menschliche Gemeinschaft”.29

Vor diesem begrifflichen Hintergrund kann man eine Antwort auf einen anderen Vorwurf Helds zu geben versuchen. Heidegger habe, so heißt es, bei seinen Interpretationon „den logos, wie er im Polisdenken der Griechen beheimatet war” verfehlt, denn er erscheint ihm entweder „als die versammelnde Einheit, die das Seiende aus der Verborgenheit des Entzugs [...] freibigt” – dies bleibe aber „Sache der Wenigen” –, oder „als rechnende und berechnende Rechenschaft der Vielen”, „der Neugier verwandt”, „im Modus der Uneigentlichkeit”.30 Heidegger hat, wie Held in einem früheren Aufsatz bemerkt, „das Wort logos [...] mit allen möglichen Umschreibungen übersetzt, aber nie mit dem immer noch adäquatesten deutschen Begriff, dem Wort »Rechenschaft«. Die richtige Wiedergabe der sokratischen Grundformel für das Philosophieren: logon didonai hat er ausdrücklich abgelehnt”.31

Es mag von vornherein zugestanden werden, daß griechische Grundworte in andere Interpretationsrichtungen, anders als bei Heidegger, erschlossen werden können; ob es hermeneutisch gesehen die „richtige Wiedergabe” eines griechischen Wortes wie logos geben kann, mag hingegen dahingestellt bleiben. Die Gründe und die Verbindlichkeitsgrundlage für Heideggers interpretierende Übersetzungen griechischer Grundworte liegen wohl in der oben geschilderten, phänomenologisch beschränkten hermeneutischen Situation.

Es wird nicht nutzlos sein, dies an einem Beispiel lebendiger Erfahrung zu erläutern. „Die Öffentlichkeit verdunkelt alles und gibt das so Verdeckte als das Bekannte und jedem Zugängliche aus”, heißt eine charakteristische These in Sein und Zeit,32 die wohl vorbildlich für Heideggers Mißtrauen gegen die Demokratie gehalten werden dürfte. Sieht man aber etwa die gegenwärtige Debatte um Heidegger und die Politik an, so wird man diese These doch nicht einfach abschaffen können. Tendiert doch die Suggestion der Debatte etwa dahin, daß Heidegger ein Proto-Nazi und Proto-Faschist sei: wenn er sich in einem Punkt auf die Nazis eingelassen hat, so sei schon alles klar, denn was der Nazismus sei, weiß ja jedermann. Folglich kann Man sich dispensiert fühlen, auf die recht verwickelte Problematik von Heidegger und dem Nazismus näher einzugehen, auf das ganze Werk Heideggers näher einzulassen, und selbst historisch äußerst komplizierte Gebilden wie den Nationalsozialismus zum Gegenstand eingehenderer Studien zu machen. Es geschieht erst, wie Heidegger treffend schildert, eine „Verdunkelung”: alle Detaillen werden ausgeschaltet, alles, was den Rahmen der Vormeinungen und gemeinen Aprioris sprengt, wird völlig übersehen oder in den Hintergrund gedrängt; worauf dann in einem zweiten Schritt das so Verdunkelte nunmehr „als das Bekannte und jedem Zugängliche” ausgegeben werden kann: Heidegger sei von vornherein ein geborener Nazi gewesen, was der Nazismus sei, weiß aber jedermann – so einfach und klar ist es alles und damit ist die Sache auch erledigt. Die ganze Debatte scheint Heideggers oben zitierte These unerfreulicherweise zu bestätigen. – Merkwürdigerweise bezeichnet nun aber Held selber Farias' Buch als „unseriöse Publikation” – ein eher euphemistischer weil nur negativer Ausdruck („unseriös” kann kaum ein Buch sein, dessen Autor jahrzehntelang, wie es scheint, intensiv in Archiven geforscht hat) – und die dadurch ausgelöste Debatte als” oberflächliche[s] und philosophieferne[s] Gerede”.33

Den Höhepunkt von Helds phänomenologischen Analyse der Demokratie scheint mir in folgenden Sätzen enthalten zu sein: „Die Entschlossenheit des Anfangenkönnens begründet die Eigentlichkeit des Miteinanderseins. Das Staunen im Modus der Eigentlichkeit, d.h. die Bewahrung der Scheu, stimmt das Dasein nämlich in die Scheu vor dem gebürtlichen Geheimnis des Anfangenkönnens der Anderen. Diese Scheu im Mitsein ist der Verzicht darauf, sich der radikalen Vereinzelung des Anderen in der Eigentlichkeit seines Anfangenkönnens bemächtigen zu wollen”.34 Abgesehen von einigen wenigen Akzentverschiebungen scheint mir dies immerhin mit Heideggers Auffassung sehr wohl im Einklang zu sein.35 Hierzu zwei Zitate: „Die Entschlossenheit zu sich selbst bringt das Dasein erst in die Möglichkeit, die mitseienden Anderen »sein« zu lassen in ihrem eigensten Seinkönnen und dieses in der vorspringend-befreienden Fürsorge mitzuerschließen”. „Frei für die eigensten, vom Ende her bestimmten, das heißt als endliche verstandenen Möglichkeiten, bannt das Dasein die Gefahr, aus seinem endlichen Existenzverständnis her die es überholenden Existenzmöglichkeiten der Anderen zu verkennen oder aber sie mißdeutend auf die eigene zurückzuzwingen”.36 „Die es überholenden Existenzmöglichkeiten der Anderen” sind solche, die ich nicht habe bzw. (nicht nur zufällig, sondern prinzipiell) nicht haben kann; sie „zu verkennen” hieße nun, daß ich (in meinem egoistischen Solipsismus) lediglich solche Existenzmöglichkeiten vorzustellen bzw. anzuerkennen bereit oder fähig bin, die auch ich prinzipiell haben kann – gegenüber den diese überholenden bin ich einfach blind. Wenn ich nun aber auf der anderen Seite jedoch bereit oder fähig bin, „Existenzmöglichkeiten der Anderen” anzuerkennen, die die meinigen überholen, kann es oft geschehen, daß ich, schon deswegen, weil ich sie anzuerkennen vermag, sie zugleich als meine eigenen Existenzmöglichkeiten ausgebe – und das wäre das umgekehrte und deswegen komplementäre Mißverständnis. Bei geneuerem Hinsehen fallen beide Mißverständnisse zusammen in dem Sinne, daß ich einen prinzipiellen Unterschied zwischen meinen Existenzmöglichkeiten und denen der Anderen zu treffen unfähig bin: entweder ich gehe von meinen Existenzmöglichkeiten aus und bin gegenüber denen der Anderen blind. Oder ich erkenne sie an, aber sehe sie zugleich als meine eigenen Existenzmöglichkeiten an, weswegen ich das, was mir erst und einzig Eigentlichkeit gebührt, d.h. die eigen gemachte Endlichkeit, ganz loswerde: mir ist alles möglich, ich werde „unendlich”, d.h. ganz entwurzelt und freischwebend. –- Es fiele schwer, ein „demokratischeres” (und zugleich nobleres) eigentliches Mitsein vorzustellen, als dasjenige, das in diesen äußerst kurzen Sätzen Heideggers entworfen ist: es wird ja die Vielfältigkeit und Vielgestaltigkeit menschlicher Existenzformen anerkannt in eben dieser ihrer Vielfältigkeit und Vielgestaltigkeit, dazu im Modus der Eigentlichkeit.

Diese Sachlage wird nun immer wieder verkannt – und der Antidemokratismusverdacht gegen Heidegger immer wieder nicht zuletzt deshalb ausgespielt –, weil die meisten Demokratieauffassungen nicht phänomenologisch, sondern „atomistisch” konzipiert und aufgebaut sind: die Idee der diesen Auffassungen wesentlichen „Gleichheit” der Menschen wird in ihnen so verstanden, als zöge sie notwendig auch eine prinzipielle „Ersetzbarkeit”, „Vertretbarkeit” der Menschen miteinander nach sich (nach Heidegger hingegen gibt es keine Ersetzbarkeit im Tod,37 womit eigentliches Miteinander, allerdings gänzlich anderer Art, noch keineswegs unmöglich wird38), und zwar aufgrund etwa der Überlegung, sollten die Menschen gleich sein, so sollten die einen mit den Anderen auch ersetzen lassen; was der eine kann und darf, solle auch der Andere können und dürfen. Menschliche Endlichkeit wird so nicht eigens zur Kenntnis genommen, sie kommt nur als negative Größe in Betracht, als das, was das Erreichen dieses Ideals unmöglich macht. Die Vielgestaltigkeit und Vielförmigkeit menschlicher Existenzformen wird im Prinzip anerkannt und bejaht, unter der Bedingung jedoch, all diejenigen Formen und Gestalten, die einem zukommen, sollten auch dem Anderen gebühren oder offen stehen. Aus Heideggers phänomenologischer Sicht heißt dies schon im Ansatz eine Preisgabe der dem Dasein eigenen Jemeinigkeit, Endlichkeit, sowie der Eigentlichkeit (in der uneigentlichen Welt des „Man”, das zugleich „unendlich” ist, gibt es ja lediglich Ersetzbarkeit), nicht zuletzt aber des Unterschiedes zwischen Selbsterfahrung und Fremderfahrung: aus phänomenologischer Sicht läßt sich der einfache Befund kaum wegdiskutieren, daß ich mir selbst anders gegeben bin, als mir der Andere begegnet.39

Die hier entstehenden komplizierten Problemzusammenhänge können hier unmöglich angemessen zur Diskussion gestellt werden. Es genüge nur auf ein weiteres hinzuweisen, daß nämlich Heideggers Konzept der Eigentlichkeit, in dessen Zusammenhang ihm immer wieder besonders auch Elitismus vorgeworfen wird (auch bei Held ist ja von den „vereinzelten eigentlich existierenden Wenigen und den uneigentlich existierenden Vielen” die Rede), schon deswegen kaum elitär sein kann, weil das Eigentlichwerden einem jeden unabhängig von jeglichen Vorbedingungen offen steht. Das Problem betrifft hier – ganz weit gefaßt – das des guten Lebens – und schon bei Kierkegaard, mit dem Heideggers phänomenologische Beschreibung des Übergangs von der Uneigentlichkeit zur Eigentlichkeit oft und nicht zu Unrecht paralellisiert wird, wird dieser völlig „demokratisch” aufgefaßt, wie es am besten vielleicht in seinem berühten Unterschied zwischen „Zweifel” und „Verzweiflung” zu Sprache kommt. „Es ist in der neueren Philosophie überreichlich davon die Rede gewesen, daß alle Spekulation anhebt mit dem Zweifel”. Indes: „Es ist Talent nötig zum Zweifeln [und Talent ist „eine Bedingung, die nicht in des Individuums eigner Macht steht”], aber es ist schlechterdings kein Talent nötig zum Verzweifeln” – „der geringste, schwächst begabte Mensch kann verzweifeln”.40 Zweifel setzt Begabung und Kenntnisse voraus, Verzweiflung aber nichts davon – bestenfalls das Existieren. Ähnlich kann die eigentliche Existenz bei Heidegger einem jeden zuteil werden; hierzu bedarf es keiner irgendwie aufgefaßter Auszeichnung, Ausnahmezustande, und sie führt auch nicht zu solchen. Die Individuation, die das Dasein im Vorlaufen zum Tode erreicht, und damit auch die Eigentlichkeit, heißt es im Vortrag über den Begriff der Zeit, „hat das Eigentümliche, daß sie es nicht zu einer Individuation kommen läßt im Sinne der phantastischen Herausbildung von Ausnahmeexistenzen; sie schlägt alles Sich-heraus-nehmen nieder. Sie individuiert so, daß sie alle gleich macht”. Denn der Tod ist eine Möglichkeit, „bezüglich der keiner ausgezeichnet ist”.41 Daß „das eigentliche Selbstsein [...] nicht auf einem vom Man abgelösten Ausnahmezustand” beruht, wird auch in Sein und Zeit betont.42 Es wäre nicht ganz abwägig, sogar die These aufzustellen, daß das Hauptanliegen Kierkegaards wie Heideggers darin bestand, das gute Leben, das eigentliche Leben einem jeden Menschen ungeachtet aller Vorbedingungen wie Herkunft, Reichtum, Ansehen, Adel, Talent, Grad des Wissens, der Bildung, der vorherigen Kenntnisse als möglich (allerding nicht als wirklich) aufzuzeigen.

Die Grundzüge eines eigentlichen Miteinanderseins, dazu im Zusammenhang des Zusammenlebens der Völker bzw. der Nationen, werden nun in vollem Einklang mit dem oben Zusammengefaßten charakteristischerweise in einer eher Gelegenheitsschrift skizziert. In der im Jahrbuch der Stadt Freiburg im Jahre 1937 veröffentlichten Schrift „Wege zur Aussprache” heißt es von einem eher „politisch” anmutenden Thema, der Verständigung: „Verständigung im eigentlichen Sinne ist der überlegene Mut zur Anerkennung des je Eigenen des anderen aus einer übergreifenden Notwendigkeit”. Als „das Gegenteil einer Preisgabe der eigenen Art und der haltungslosen Anbiederung”, erzeugt sie nicht „Beruhigung, die alsbald in eine wechselseitige Gleichgültigkeit ausartet, sondern ist in sich die Unruhe des gegenseitigen Sich-in-Frage-Stellens aus der Sorge um die gemeinsamen geschichtlichen Aufgaben”. „Die Grundbedingungen des echten Sichverstehens” sind demensprechend „der lange Wille zum Aufeinanderhören und der verhaltene Mut zur eigenen Bestimmung”.43

In Heideggers oben zitiertem Prinzip der Phänomenologie geht es bei genauerem Hinsehen um die Aufgabe der Philosophie, wie sie jeweils vorverstanden wird. Dieses Vorverständnis klingt auch noch in Heideggers Phänomenologiebegriff mit. Philosophie als Wunscherfüllung oder als Verschönerung der Wirklichkeit war und blieb ein Heidegger (und auch Husserl) völlig fremdes Konzept. Wohl dagegen hat er wiederholt nachdrücklich betont, Philosophie mache die Dinge nie leichter, sondern nur schwerer.44 Mit jeglichem Philosophieverständnis hat es nun ein eigenes Bewandtnis. Neben den Nachteilen, die man gegen das Husserl-Heideggersche gelegentlich geltend machen könnte,45 dürfte man auch das Umgekehrte, das sich aus dem strengen und kühnen Festhalten an dem (phänomenologisch verstandenen) Gegebenen ergibt, nicht übersehen: „Die Loslösung der Philosophie aus den Verstrickungen [...] in die Weltanschauungsdienerschaft”46 – kurz: aus jeglicher Magdstellung und Indienstnahme von seiten – und zugunsten – der Politik, der Kultur und der Religion. Und wenn man geltend machen möchte, etwa der Versuch, „die liberale Demokratie der Menschenrechte aus ihrer Verwurzelung im griechischen Anfang” philosophisch zu erläutern, sei ja wesentlich oder gar unentbehrlich für die Demokratie, so kann man mit der These eines Richard Rorty erwidern, dem zufolge die Demokratie nicht erst philosophisch begründet oder rechtfertigt zu werden braucht. Das Schicksal der Demokratie liegt nicht daran, ob es gelingt, hierfür eine überzeugende philosophische Begründung oder gar „eine transzendentale Deduktion des amerikanischen Liberalismus” zu liefern.47 Die Demokratie komme der Philosophie vorauf: das besagt nun, daß diese immer zu spät kommt, um jene zu „begründen” oder „rechtfertigen”. Es wäre eine Anmaßung, das, was uns trägt, unsererseits nun „begründen” zu wollen.48 Die Begründungsunbedürftigkeit oder –unfähigkeit besagt nur die Kontingenz unserer Geschichte. Was schließlich den „Weltcharakter der Polis-Öffentlichkeit” und den Begriff der in solchem Vorverständnis eingeschlossenen „Demokratie” anbelangt, so kann dies auf jedenfalls ein vorbildliches und maßgebendes Konzept bleiben, selbst wenn gegen seine eben im Heideggerschen Sinne verstandene phänomenologische Verwurzelung Bedenken sollten angemeldet werden können.49



1 K. Held: „Grundbestimmung und Zeitkritik bei Heidegger”. („Grundbestimmung” soll richtig „Grundstimmung heißen.) In: Zur philosophischen Aktualität Heideggers. Symposium der Alexander von Humboldt-Stiftung vom 24.-28. April 1989 in Bonn – Bad Godesberg. Hrsg. D. Papenfuss und O. Pöggeler. Bd. 1: Philosophie und Politik. Frankfurt a.M. 1991, S. 30-56. Zitat S. 33. Ich werde gelegentlich auch andere Aufsätze von Held heranziehen: „Heidegger und das Prinzip der Phänomenologie”. In Heidegger und die praktische Philosophie. Hrsg. A. Gethmann-Siefert und O. Pöggeler. Frankfurt a.M. 1988, S. 111-139; und „Husserls These von der Europäisierung der Menschheit”. In: Phänomenologie im Widerstreit. Zum 50. Todestag Edmund Husserls. Hrsg. Ch. Jamme und O. Pöggeler. Frankfurt a.M. 1989, S. 13-39. Die drei Aufsätze werden im folgenden nur mit Angabe des Erscheinungjahres zitiert (als 1988, 1989 und 1991).

2 Vgl. Held 1991, S. 55.

3 1991, S. 33.

4 Ebd., S. 47.

5 Ebd., S. 49.

6 Vgl. z. B. Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis). Gesamtausgabe, Bd. 65. Hrsg. F.-W. v. Herrmann. Frankfurt a.M. 1989, S. 57: „Nun aber ist das größte Erignis immer der Anfang”. Vgl. auch „Die Selbstbehauptung der deutschen Universität”. In: Die Selbstbehauptung der deutschen Universität. Das Rektorat 1933/34. Hrsg. Hermann Heidegger. Frankfurt a.M. 1983, S. 12 f.; Grundfragen der Philosophie. Ausgewählte »Probleme« der »Logik«. Gesamtausgabe, Bd. 45. Hrsg. F.-W. von Herrmann. Frankfurt a.M. 1984, S. 110, 181; Einführung in die Metaphysik. 4. Auflage. Tübingen 1976, S. 12, 145; Holzwege. Gesamtausgabe, Bd. 5. Hrsg. F.-W.von Herrmann. Frankfurt a. M. 1977, S. 64, 327.

7 Held 1989, S. 27. Vgl. Held 1991, S. 46.

8 Held 1991, S. 49.

9 Ebd., S. 46. Dies dürfte jedoch nicht ganz in Heideggers Sinn sein.

10 Ebd., S. 46.

11 Ebd., S. 52.

12 Daß die Angst als Grundbefindlichkeit gemeinschaftsöffnenden Charakter hat, wird zwar bereits eingangs anerkannt (Held 1991, S. 37), es wird jedoch von ihr bei der darauffolgenden phänomelogischen Beschreibung des Staunens nicht Gebrauch gemacht. Held läßt dem Eigentlichwerden „die Grundstimmung des Anfangenkönnens” voraufgehen (ebd., S. 44), bzw. legt jenem diese zugrunde. Diese Stimmung, schreibt er, „gibt den Anstoß zum Übergang in die Eigentlichkeit” (ebd.). Diese Annahme scheint mir fraglich, zumindest aber nicht hinreichend belegt zu sein. Soll es eine Grundstimmung geben, die „den Anstoß zum Übergang in die Eigentlichkeit” gibt, so ist sie nach Sein und Zeit wohl die Angst bzw. die Unheimlichkeit (s. Sein und Zeit, 15. Auflage. Tübingen 1979, z.B. S. 190, 265 f., 276 f., 286, 295 f.). Wenn sich das Anfangenkönnen überhaupt als eine Stimmung kennzeichnen läßt, dann ist es wohl eine abgeleitete; ihm liegt, wie mir scheint, das vorherige Eigentlichwerden zugrunde: Eigentlichwerden kann erst Anfangenkönnen begründen, nicht aber umgekehrt. Was könnte man überhaupt anfangen, ehe man sich selbt (den eigenen, eigentlichen Selbst) nicht gefunden hat? Nicht von ungefähr ist so etwa wie „Situation” (vgl. ebd., S. 299 f.), in deren Rahmen sich wohl erst irgendetwas „anfangen” läßt, ausschließlich aufgrund des vorherigen Eigentlichwerdens möglich.

13 Ich möchte jedoch eine Zwischenbemerkung machen. „Die Angst ermöglicht in der Entschlossenheit des Augenblicks [...] die eigentliche Zukünftigkeit”, schreibt Held. „Dies ist Heideggers Blickrichtung. Es ist aber auch die umgekehrte Blickrichtung möglich, nämlich darauf zu achten, wie das Dasein als Seinkönnen aus der Verschlossenheit des Nichts, des Entzugs freigegeben wird.” Dies wäre nun „die Hochstimmung des Anfangenkönnens”, „die Wieder-holung der Geburt” (1991, S. 50). Zum einen ist m.E. die genannte „umgekehrte Blickrichtung” bei Heidegger keineswegs abwesend (s. vorherige Anm.). Zum anderen scheint mir „die Hochstimmung des Anfangenkönnens” etwas zu hoch gegriffen zu sein, sofern in ihm das Moment der Geworfenheit und Angst nicht gebührend zu Wort kommt. (Wenn Heideggers „Hochstimmung” irgendwo zum Ausdruck kam, so wohl in der Rektoratsrede: bei allem Feiern der „Herrlichkeit” und „Größe” des Aufbruchs hat er jedoch im gleichen Satz auf „Besonnenheit” aufgerufen [Die Selbstbehauptung der deutschen Universität. Das Rektorat 1933/34. Hrsg. H. Heidegger. Frankfurt a.M. 1983, S. 19, vgl. noch ebd. S. 11: „schöpferische Unkraft des Wissens”].) Die Freigabe „aus der Verschlossenheit des Nichts” sollte gegen einen absoluten Neuanfang abgegrenzt werden. Die Geburt ist für Heidegger weniger ein „Hervorgang [...] aus anfänglicher Verschlossenheit”, als ein Indiz der Geworfenheit, nämlich (neben dem Tod) das „andere »Ende«” des Daseins (Sein und Zeit, S. 373 f., vgl. S. 391 ). Bei Heidegger gehören Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit eng zusammen, auch die Eigentlichkeit bleibt an die Welt des Man angewiesen (vgl. z.B. Sein und Zeit, S. 299); bei Held ist der dem Staunen voraufgehende Zustand nicht klar; unklar ist auch, wie dieser, wenn überhaupt, ins Staunen aufgenommen (und nicht einfach von ihm abgestoßen) wird.

14 Held 1991, S. 54. Zum folgenden ebd.

15 Daß ein erheblicher Teil der europäischen Kultur Anfang des 20. Jahrhunderts und nach Ende des Ersten Weltkrieges mehr oder minder antidemokratisch eingestellt war (inklusiv derer, die später zu Marxisten werden sollten), dürfte indessen nicht aus den Augen verloren werden; s. hierzu die Hinweise im Zusammenhang einer Parallele mit Lukács in meinem Aufsatz „Fakten und Apriori in der neueren Beschäftigung mit Heideggers politischem Engagement”. In: Zur philosophischen Aktualität Heideggers. Bd. 1: Philosophie und Politik, a. a. O., S. 380-408, hier S. 402 ff.

16 Held 1991, S. 55.

17 Siehe Held 1989: „Herrschaft des Ingenieurs”, „Entwurzelung”, „Nivellierung” (S. 28), „Heimatlosigkeit” (S. 29), „Verfallsform [der Europäisierung]”, „Remythisierung der Wissenschaft” (S. 34).

18 1991, S. 54.

19 Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis). Gesamtausgabe, Bd. 65. Hrsg. F.-W. v. Herrmann. Frankfurt a.M. 1989, S. 18 f. Vgl. auch etwa S. 400: „Die wenigen Zukünftigen [...], denen keine Öffentlichkeit gehört”.

20 Vgl. Held 1991, S. 53.

21 M. Heidegger: „Das Rektorat 1933/34. Tatsachen und Gedanken”. In: Die Selbstbehauptung der deutschen Universität. Das Rektorat 1933/34. Hrsg. Hermann Heidegger. Frankfurt a.M. 1983, S. 38 f. Siehe auch die kürzlich veröffentlichten Notizen aus dem Jahre 1937: „Die Bedrohung der Wissenschaft”. Hrsg. H. Tietjen. In: Zur philosophischen Aktualität Heideggers. Bd. 1, S. 5-27, bes. S. 24 f.: „Aber dennoch: bleiben und die Möglichkeit, Einzelne zu treffen, ausschöpfen und sich selbst dabei in der EInzelheit wollen [...] Dieses nicht, um die Universität vorzubereiten [...], wohl aber, um Überlieferunbg zu bewahren, um Vorbilder zu zeigen, um neue Ansprüche da und dort im wesentlichen Einzigen zu pflanzen [...]. Dieses weder »Resignation« noch »Ausweg«, sondern Notwendigkeit aus der wesentlichen philosophischen Aufgabe des zweiten Anfangs”.

22 „Durch die wechselseitige Anerkennung der gebürtlich Anfangenkönnenden”, fährt er fort, „wird die Polis zu einer öffentlichen Gemeinschaft, deren einziger Stiftungssinn es ist, einander das Möglichsein als Möglichsein, d.h. als Anfangenkönnen, im Mitsein zu ermöglichen” (Held 1991, S. 53). Voraussetzung des eigentlichen Mitseins aus Heideggers Sicht ist das je eigene Eigentlichwerden des Einzelnen. „Dasein kann nur dann eigentlich es selbst sein, wenn es sich von ihm selbst her dazu ermöglicht” (Sein und Zeit S. 263). D.h.: Das Mitsein kann unmöglich das Einzelne „eigentlich machen” – und so auch nicht sein „Möglichsein” ermöglichen –, wohl aber können umgekehrt die eigentlichgewordenen Einzelnen ein eigentliches Miteinander bilden. An diesem Punkt droht die Beschreibung – phänomenologisch gesehen – „unphänomenologisch”, weil freischwebend, zu werden.

23 Dafür spricht ja auch ein Teil des Gesprächs mit Max Müller: Heidegger habe, so hat der Fragende gemeint, ein „hehreres Bild von Universitäten” gehabt. Worauf Max Müller: „Die Universität war und blieb für ihn bis zu seinem Tode etwas unerhört Großes. [...] An der ganz hohen Einschätzung der Universität hat er immer festgehalten. Als sein Freund [...] Heinrich Auer [...] Ehrensenator unserer Universität wurde, schrieb er ihm zwei wunderschöne Briefe. Darin heißt es ungefähr: »Nimm es nicht leicht, es ist etwas ganz Großes. Du bist ja all jenen Festen [...] dabei, an denen die Universität in Erscheinung tritt, und dieses In-Erscheinung-Treten ist immer etwas großes«”. (M. Müller: „Martin Heidegger –- Ein Philosoph und die Politik. Ein Gespräch”. In: Antwort. Martin Heidegger im Gespräch. Hrsg. E. Kettering und G. Neske. Pfullingen 1988. S. 190-220. Zitat S. 200 f.; Hervorhebung nicht im Original). –- In diesem Zusammenhang darf auch an Heideggers Interpretation von polemos erinnert werden, die zugleich eine Erläuterung des für Heidegger allerwichtigsten Begriffs von Auseinandersetzung darstellt. Das Wort polemos heiße nicht Krieg, sondern „Streit”, und zwar „nicht als Hader und Gezänk und bloßer Zwist, erst recht nicht Gewaltsanwendung [...] – sondern Aus-ein-ander-setzung dergestalt, daß in dieser das Wesen derer, die sich aus-einander-setzen, sich aussetzt dem anderen und so sich zeigt und zum Vorschein kommt und d.h. griechisch: ins Unverborgene und Wahre” („Das Rektorat 1933/34”, in Die Selbstbehauptung der deutschen Universität. Das Rektorat 1933/34, S. 28. Hervorhebung nicht im Original; in diese Richtung geht im übrigen schon die Vorlesung 1935, vgl. Einführung in die Metaphysik. 4. Auflage. Tübingen 1976, S. 47 f.). Held gebraucht das „In-Erscheinung-Treten” für die Kennzeichung der „Öffentlichkeit der politischen Welt” (1991, S. 53), und bei Heidegger ist oben von „Sich-Aussetzen dem Anderen”, „Sich-Zeigen” und „Zum Vorschein Kommen” die Rede. Wenn Kampf anschließend an die oben zitierten Stelle als „wechselweise sich anerkennende Sichaussetzen dem Wesenhaften” bestimmt wird, dann dürfte dies wohl auch als Bestimmung der Öffentlichkeit doch nicht so pejorativ klingen.

24 Für Hinweise in diese Richtung auch bei Held vgl. 1991, S. 37. Siehe hierzu die neuerdings veröffentlichten Aristoteles-Einleitung Heideggers, Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles (Anzeige der hermeneutischen Situation). Hrsg. H.-U. Lessing. Dilthey Jahrbuch für Philosophie und Geschichte der Geisteswissenschaften 6, 1989, S. 237-268, hier S. 245: „Die Gegenbewegung gegen die Verfallstendenz darf nicht ausgelegt werden als Weltflucht”, sowie die Vorlesung des Sommersemesters 1919 Zur Bestimmung der Philosophie. Gesamtausgabe, Bd. 56/57. Hrsg. B. Heimbüchel. Frankfurt a.M. 1987, S. 210: „Das praktisch-historische Ich ist notwendig sozialer Natur [...]” (Hervorhebung im Original). Ähnlich dann in Sein und Zeit: „Die Entschlossenheit löst als eigentliches Selbstsein das Dasein nicht von seiner Welt ab, isoliert es nicht aus ein freischwebendes Ich. Wie sollte sie das auch – wo sie doch als eigentliche Erschlossenheit nichts anderes als das In-der-Welt-sein eigentlich ist” (a.a.O., S. 298).

25 Siehe etwa Otto Pöggeler: „Einleitung”. In: Zur philosophischen Aktualität Heideggers. Bd. 2: Im Gespräch der Zeit. Frankfurt a.M. 1990, S. 9-26, dort S. 12: „Auch Sein und Zeit spricht von der freigebenden Fürsorge und der Stimme des Freundes; doch wird nur das Gerede des Man näher entwickelt, und durch den Ruf gebrochen, der den einzelnen in seiner Vereinzelung zu sich und seiner Aufgabe ruft. Wie ein Gespräch unter Freunden zum Miteinandersein gehören könnte, wird nicht entfaltet”. Vgl. noch Ders.: „Heidegger und die politische Philosophie”. In: Zur philosophischen Aktualität Heideggers. Bd. 1: Philosophie und Politik. Frankfurt a.M. 1991, S. 328-350, dort S. 337: „Wer seinen Beruf wählt [...], fügt sich in einer bestimmten Rolle in ein größeres Ganzes ein. Auf dieses übergreifende Ganze zielt Sein und Zeit, wenn es den Einzelnen und sein Schicksal auf jenes Geschick bezieht, das sich im Miteinander der Einzelnen durch Kampf und Gespräch als Generation und als Volk aufbaut. [...] Wie jedoch der Einzelne sich in diese übergreifenden Zusammenhänge zurückstellt, bleibt in Sein und Zeit ohne Analyse”.

26 Sein und Zeit, S. 34 f. (Hervorhebung nicht im Original.) Denn „Wissenschaft »von« den Phänomenen besagt: eine solche Erfassung ihrer Gegenstände, daß alles, was über sie zur Erörterung steht, in direkter Aufweisung und direkter Ausweisung abgehandelt werden muß” (ebd., S. 35). Man müßte diesen phänomenologischen Philosophiebegriff in gewissem Sinne preisgeben, um den von Held geschilderten „Weltcharakter der Polis-Öffentlichkeit” angemessen einschätzen zu können.

27 A.a.O., S. 298.

28 Vgl. hierzu die folgenden Überlegungen: „Die Fundamentalontologie erschöpft nicht den Begriff der Metaphysik. [...] [Es] ergibt sich die Notwendigkeit einer eigentümlichen Problematik, die nun das Seiende im Ganzen zum Thema hat. [...] Diese Problematik bezeichne ich als Metontologie. Und hier im Bereich des metontologisch-existenziellen Fragens ist auch der Bezirk der Metaphysik der Existenz (hier erst läßt sich die Frage der Ethik stellen). [...] Fundamentalontologie und Metontologie in ihrer Einheit bilden den Begriff der Metaphysik” (Metaphysische Anfangsgründe der Logik im Ausgang von Leibniz. Gesamtausgabe, Bd. 26. Hrsg. K. Held. Frankfurt a.M. 1978, S. 199, 202; siehe noch Kant und das Problem der Metaphysik, a.a.O., S. 225: „Die Fundamentalontologie ist aber nur die erste Stufe der Metaphysik des Daseins”; zum Fragenkomplex s. Friedrich-Wilhelm v. Herrmann: Heideggers „Grundprobleme der Phänomenologie”. Zur „Zweiten Hälfte” von „Sein und Zeit”. Frankfurt a.M. 1991, S. 53-56, bes. S. 55).

29 Metaphysische Anfangsgründe der Logik im Ausgang von Leibniz, S. 244 f.; „menschliche Gemeinschaft” hat hier offensichtlich die Bedeutung von eigentlichem Miteinander, eigentlicher Gemeinschaft.

30 Held 1991, S. 54.

31 Held 1988, S. 131 (die hierzu gehörige Seitenangabe aus dem Satz vom Grund soll in der Anm. 84 statt „S. 118” richtig „S. 181” heißen). Wenn Held anmerkt, Heidegger habe „das Verantwortlichkeitsmoment herunterspielt”, ein „Unverständnis für die ethische Dimension verantwortlicher Rechenschaft” gehabt (ebd., S. 132, 131), so muß hingegen geltend gemacht werden, daß eine Verantwortungs- und (was Voraussetzung dafür ist) Gewissenskonzeption in Sein und Zeit sehr wohl vorhanden ist bzw. von da aus herleiten läßt; dies habe ich zu zeigen versucht in meinem Aufsatz „Eigentlichkeit, Gewissen und Schuld in Heideggers »Sein und Zeit«. Eine Interpretation mit Ausblicken auf seinen späteren Denkweg”. In: Man and World 23 1990, S. 35-62 (hier S. 49 f.). Hierzu muß man allerdings mit Heidegger eingesehen haben, daß und wie so etwas wie „öffentliches Gewissen” ein Unbegriff oder der Welt des Man zugehörig ist. Die Wege scheiden sich je danach, was jeweils unter „Verantwortung” verstanden bzw. wie jeweils diese vorontologisch (vor-) verstanden wird.

32 Sein und Zeit, S. 127.

33 Held 1991, S. 33.

34 Ebd., S. 52.

35 Die „Scheu vor dem gebürtlichen Geheimnis des Anfangenkönnens der Anderen” läßt sich wohl in Zusammenhang mit Heideggers Begriff des „Vorausspringens” bringen bzw. davon herleiten; in diesem geht es nämlich – im Unterschied zum „Einspringen” – nicht darum, dem Anderen „die »Sorge« abzunehmen, sondern erst eigentlich als solche zurückzugeben. Diese Fürsorge, die wesentlich die eigentliche Sorge – das heißt die Existenz des Anderen betrifft [...], verhilft dem Anderen dazu, in seiner Sorge sich durchsichtig und für sie frei zu werden” (Sein und Zeit, a.a.O., S. 122). Dieser Scheu liegt wohl die Einsicht in die wesenhafte Unersetzbarkeit des Daseins – in seine Jemeinigkeit – zugrunde; „den Anderen bin ich nie” (Der Begriff der Zeit. Vortrag vor der Marburger Theologenschaft (Juli 1924). Hrsg. Hartmut Tietjen. Tübingen 1989, S. 16). Siehe die folgenden Erörterugen im Text.

36. Sein und Zeit, S. 298, 264.

37 Siehe Sein und Zeit, S. 239 f.

38 Siehe Anm. 34 oben.

39 Siehe hierzu Sein und Zeit, S. 124 f. und Friedrich-Wilhelm von Herrmann: Heideggers „Grundprobleme der Phänomenologie”. Zur „Zweiten Hälfte” von „Sein und Zeit”. Frankfurt a.M. 1991, S. 50.

40 Entweder/Oder. Zweiter Teil. Düsseldorf 1957, S. 224, 226, 195.

41 Heidegger: Der Begriff der Zeit, a.a.O., S. 27.

42 Sein und Zeit, a.a.O., S. 130.

43 „Wege zur Aussprache”. In: Denkerfahrungen. Hrsg. H. Heidegger. Frankfurt a.M. 1983, S. 16, 17, 21.

44 Siehe etwa Kant und das Problem der Metaphysik, 4. Auflage. Frankfurt a.M. 1973, S. 263; Einführung in die Metaphysik, 4. Auflage. Tübingen 1976, S. 9. Vgl. auch Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt – Endlichkeit – Einsamkeit. Gesamtausgabe, Bd. 29/30. Hrsg. F.-W. v. Herrmann. Frankfurt a. M. 1983, S. 254. Bei Heideggers Anfängen etwa Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles. Einführung in die Phänomenologische Forschung. Gesamtausgabe, Bd. 61. Hrsg. W. Bröcker und K. Bröcker-Oltmanns. Frankfurt a.M. 1985, S. 35 ff. und Phänomenologische Interpretationen zu Aristoteles (Anzeige der hermeneutischen Situation), a. a. O., S. 238.

45 Eine diesbezügliche Überlegung könnte sich z.B. aus der Theorie der „performative utterances” ergeben; die Überlegung nämlich, daß irgendwelche Beschreibung einer Situation auf diese selbt rückwirkt oder sie selbst mitgestaltet. Man könnte so argumentieren: eine Situation, die so wie so schon schwer ist, werde durch die Behauptung, sie sei schwer, noch schwerer gemacht.

46 Beiträge zur Philosophie, S. 435.

47 Siehe R. Rorty: „Der Vorrang der Demokratie vor der Philosophie”. In: Zerstörung des moralischen Selbstbewußtseins: Chance oder Gefährdung? Praktische Philosophie in Deutschland nach dem Nationalsozialismus. Hrsg. vom Forum für Philosophie Bad Homburg. Frankfurt a.M. 1988, S. 273-289. Zitat S. 283. Vgl. hier bes. S. 277: „Braucht die liberale Demokratie eine philosophische Rechtfertigung? Wir Deweyschen Pragmatisten meinen, daß sie vielleicht eine philosophische Artikulation braucht, aber keine philosophische Begründung”. S. 280: „Uns liegen keine philosophischen Gründe für die Annahme vor, daß die Menschen ihrem Wesen nach bestimmte Rechte besäßen und deshalb versuchten, diese Rechte zu erhalten”. Vgl. noch ebd., S. 282 f. – Es muß dementsprechend klargestellt werden: Vorbehalte gegenüber einer philosophischen Begründung der Demokratie vorzubringen heißt schon nicht antidemokratisch oder demokratiefeindlich eingesellt zu sein.

48 Aus Heideggers Sicht einer „Überwindung der Metaphysik” sollte sich im übrigen das „Gründenwollen” als völlig abwägig erweisen (hierzu O. Pöggeler: Der Denkweg Martim Heideggers. 2. Auflage. Pfullingen 1983, S. 181).

49 Heidegger habe, so heißt der zusammenfassende Einwand Helds, „die Einzigartigkeit, welche auch noch die liberale Demokratie der Menschenrechte aus ihrer Verwurzelung im griechischen Anfang auszeichnet, nicht sehen können” (Held 1991, S. 55). Bei Arendt ist, schreibt dagegen O. Pöggeler, „die griechische Polis [...] ein philosophisches Ideal; unklar bleibt schon die genaue Verwurzelung in der historischen Wirklichkeit” (O. Pöggeler: „Philosophie und Politik bei Heidegger und Hannah Arendt”. In: Wege und Irrwege des neueren Umgangs mit Heideggers Werk. Ein deutsch-ungarisches Symposium. Hrsg. I. M. Fehér. Berlin 1991, S. 25).


stílus 1 (fehér)
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